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vom 25.10.1960
 

Mit Festreitern voran zog die Wendelinusprozession am Sonntag durch Leiberstung. Das St. Wendelinusfest ist für die Gemeinde ein großer Festtag im Jahresablauf. Bild: Photo-Hillert
 
Machtvolles Bekenntnis zu Scholle, Familie und Gott
Leiberstung beging sein größtes Fest des Jahres zu Ehren des Ortsheiligen St. Wendelin
 
Leiberstung. Es gibt nur noch wenige Landgemeinden, die sich rühmen können, einmal im Jahr ein echtes Familienfest begeben zu können, bei dem sich alle zusammenfinden, die zur Heimatgemeinde gehören. Das St. Wendelinusfest in Leiberstung gehört zu diesen Festen. Seit Wochen schon begannen die Vorbereitungen, die für eine würdige Gestaltung des großen Tages bürgen sollten. Seit Mitte der letz­ten Festwoche begannen die großen Tage der Einkehr und der seelischen Vorbereitung. Es ist wohl keine Übertreibung wenn heute festgestellt wird: es hat sich keine Familie von der inneren und damit wesentlichen Vorbereitung der Herzen ausgeschlossen. So konnte also das große Fest beginnen.
 
Als in der Morgenfrühe die ganze Pfarr­familie zum Tisch des Herrn schritt, waren die Dorf- und St. Wendelinuskirche nicht mehr zu erkennen. Jedes Haus und vor allem das Wendelinus-Heiligtum selbst mit seiner nun­mehr dreihundertjährigen Tradition. hatte den schönsten Schmuck erhalten, den man sich oft mühevoll zusammensuchte. Jedes Haus trug seine eigene Note, nirgendwo fehlte die fest­liche Gabe, und so mancher Vorgarten wurde durch fleißige Hände zu einem blühenden Blu­mengarten verwandelt. Pater Joseph, der be­kannte Volksmissionar aus Rastatt, wußte die festlich gestimmten Gläubigen an der Stelle zu fassen. Gebet und Arbeit nannte er die Rebenstütze im Leben des Patrons von Leiberstung und forderte mit allem Nachdruck die Nachfolge des Heiligen unter dieser Sicht zu leben.
 
Chorleiter Schmich mit seinem tapferen Kir­chenchor hatte keine Mühe gescheut, einen glanzvollen Rahmen um das hl. Geschehen zu schaffen. So war man allseits freudig über­rascht; es waren nämlich durchweg neue Lied­chöre, die Chor und Leitung zum Festgeschenk machen konnten. Dabei sei dankbar vermerkt, daß es Chöre von beachtlichen Schwierigkeiten gab. Was sich dennoch der Chor zum hohen Tage vornahm, beweist wieder einmal mehr, was doch ein kleiner Landkirchenchor zu schaffen ver­mag. An der Orgel wirkte mit ergänzenden Präludien von Bach und Telemann wie immer Münsterorganist Zeller (Schwarzach).
 
Der Regen hat die Vorbereitungen nicht un­beträchtlich erschwert. Gerade war die große St. Wendelinusprozession mit ihren prachtvol­len Festreitern und einer unübersehbar großen Zahl von Gläubigen in das Gotteshaus zurück­gekehrt, als es aber schon wieder zu regnen an­fing und den ganzen Festtag nicht mehr auf­hören wollte, was freilich die Freude am ge­lungenen Festprogramm nicht mehr zu stören vermochte.
 
Am frühen Nachmittag versammelten sich noch einmal die vielen Gläubigen zum Gebet vor dem anmutigen St. Wendelsbild. Pfarrer Birkenmeier sprach dabei auch ein Dankeswort an alle, die dieses Fest so großartig vorbereitet hatten, um daran anschließend Worte herz­licher väterlicher Ermahnung und Bitten anzu­schließen. Auch hier, wie am Morgen des Fest­tages, verschönte der Kirchenchor mit seinem reichhaltigen Liedgut die erhebende Feier­stunde. Bis zum Abend knieten viele Beter vor dem Bild des Heiligen und vor der kunst­voll gestalteten und von den Namenstagskin­dern des Festes gestifteten Wendelinusfahne mit einem alten Wendelinusbild, des sehr wahr­scheinlich zum ältesten Kirchengut des Heilig­tums gehören dürfte.
 
In den gemütlichen und freundlichen Gast­stätten des Dorfes, wie auch in den vielen Fami­lien, begann sodann ein frohes Sichbegrüßen. Über allem frohen und herzlichen Beisammensein aber lebt ein ebenso herzlicher Geist des Friedens und einer Familienwärme, von der man nur wünschen kann, sie möge nicht nur an einem Tage gerne gesehener Gast auf diesem Winkel der Erde sein.
 
Bliebe noch zu erwähnen, daß durch die hoch­herzige Spendefreudigkeit von Gemeindever­waltung und der ganzen Kirchengemeinde zur neuen Wendelinusfahne auch eine prachtvolle neue Totenfahne sowie ein wertvolles silber­beschlagenes Vortragskreuz beschafft werden konnten.