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vom 12. April 2003

Anwohner und Ortschaftsrat führen Klage
In Leiberstung wächst der Unmut über die Kieslaster
Für Ortsvorsteher ist Straßeneinstufung das Grundübel
 
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DIE LEIBOLDSTRASSE IN LEIBERSTUNG ist eine Landesstraße. Deshalb kann die Gemeinde hier nicht über Geschwindigkeitsreduzierungen oder bauliche Maßnahmen an der "Pflug"-Kreuzung entscheiden.
Foto: Margul
 
 
Von unserem Redaktionsmitglied
Wilfried Lienhard
Sinzheim-Leiberstung. Wenn die Kieslaster durch die Leiberstunger Leiboldstraße rollen, verdüstern sich die Mienen vieler Anwohner. Die Klagen wiederholen sich: zu viele Laster, zu schnelle Fahrweise. Die Folge: Kinder und ältere Leute trauen sich kaum noch mit dem Fahrrad auf die Straße. So schilderten es Anlieger in der jüngsten Ortschaftsratssitzung, so beschrieben auch Anrufer in der ABB-Redaktion die Situation. "Fast im Minutentakt donnern die Kieslaster vorbei", ärgerte sich ein Anrufer, "einen Mittagsschlaf können wir älteren Leute vergessen".
 
Ähnliche Beschwerden führten jüngere Zeitgenossen in der Ortschaftsratssitzung. "Um halb sechs morgens geht es los, an Schlaf ist nicht mehr zu denken" hieß es. "Es lärmt, das Haus vibriert." Neben den Beeinträchtigungen in der Wohnqualität seien auch Risse in den Hauswänden zu registrieren. Es sei jedoch nicht zweifelsfrei erwiesen, dass diese vom Schwerlastverkehr rührten.
 
Was ist zu tun? "Kein Ortsvorsteher und kein Bürgermeister helfen uns", klagte gestern ein entnervter Anrufer. Ortsvorsteher Alexander Naber will das nicht gelten lassen. "Wir bleiben am Ball und lassen nicht locker", versprach er in der Ortschaftsratssitzung. Schon vor zwei Jahren sei mit dem Leiberstunger Kieswerksbetreiber eine Absprache über den Pendelverkehr getroffen worden. Diese Lkw bringen Leiberstunger Grubenkies nach Greffern, wo er mit dortigem Material verschnitten wird. Der Kieswerksbetreiber sagte zu, auf die von ihm beauftragten Unternehmer einzuwirken, das vorgegebene Tempolimit noch deutlich zu unterschreiten. "Das funktioniert eine gewisse Zeit, dann stumpfst es wieder ab". so Naber gestern gegenüber dieser Zeitung.
 
"Dann rufen wir wieder an, und es funktioniert wieder." Speziell bei den Lkw appelliert Alexander Naber an die Anwohner: "Wer einen Lkw sieht, der zu schnell ist, soll sich die Nummer und die Uhrzeit aufschreiben. Dann kann man das verfolgen."
 
Das Grundübel liegt für den Ortsvorsteher in der Einstufung der Straße. Die Leiboldstraße, die Leiberstunger Durchgangsstraße, ist eine Landesstraße, die Gemeinde Sinzheim kann mithin hier nichts anordnen. Das bekamen die Leiberstunger Bürgervertreter schon mehrfach aufs Brot geschmiert. Verschiedene Vorschläge, etwa zur Entschärfung der "Pflug"-Kreuzung. fanden keine Zustimmung. Für einen Zebrastreifen fehlen ausreichend Fußgänger, auch fahren nicht genug Autos, um irgend welche bauliche Maßnahmen anzugehen. Dabei sei die "Pflug"-Kreuzung, wie Naber in der Ortschaftsratssitzung ausführte, recht gefährlich. Erst vor wenigen Wochen habe es hier einen Unfall mit Personenschaden gegeben.
 
Auch eine Geschwindigkeitsreduzierung auf maximal 40 Stundenkilometer sei derzeit nicht durchzusetzen. Dies sei auf übergeordneten Straßen nicht möglich, berichtete Naber im Ortschaftsrat. Das aber wollen die Bürgervertreter als Argument nun gar nicht gelten lassen. Sie verweisen auf Fälle im Landkreis Rastatt, in denen durchaus auf Bundes- oder Landes-straßen Tempolimits verhängt worden seien, so etwa in Kuppenheim oder auch in Sinzheim auf der B 3, wo in einem Teilbereich Tempo 40 gelte. "Warum das dann nicht auch in Leiberstung möglich sein sollte, sagen uns die Verantwortlichen nicht", so Naber.
 
Der Ortsvorsteher hofft, dass steter Tropfen auch diesen Stein höhlen, ständiges Nachhaken und Bitten doch noch zum Erfolg führen möge. Vorab setzt er auf Privatinitiativen. So sollen demnächst an neuralgischen Punkten Schilder aufgestellt werden, die an die motorisierten Verkehrsteilnehmer appellieren, freiwillig den Fuß vom Gaspedal zu nehmen. Das aber, deutete Naber in der Ortschaftsratssitzung an. müssten sich die Leiberstunger selbst auch zu Herzen nehmen. Bei zwei Geschwindigkeitskontrollen der Polizei im vergangenen Jahr seien es meist die Einheimischen gewesen, die zu schnell unterwegs waren. Diese Kontrollen zeigten auch, dass es in der Regel Pkw-Fahrer, die zu schnell waren, nicht Lkw-Lenker. Verschiedene Anregungen kamen in der Ortschaftsratssitzung, etwa Straßenteiler an den Ortseingängen oder das Aufrauen der Straße vor der "Pflug"-Kreuzung. Doch überall gilt: Es handelt sich nicht um eine Gemeindestraße, wo die Gemeinde entscheiden kann.
 
Eine andere Möglichkeit warf ein Anwohner in die Diskussion: "Man muss auf der Straße parken. Das kann man bewusst machen, um so die Fahrer zu geringerer Geschwindigkeit zu reduzieren. Verboten ist das nicht."
Bürgermeister Hans Metzner sieht derweil noch ein anderes Problem: "Allgemein hat die Verkehrsmoral nachgelassen."