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vom 4.1.2003
 
Gemeinde löst Baupflicht in Leiberstung ab
Die Wendelinuskirche ist bald kein Zankapfel mehr
Jahrzehnte währender Streit steht jetzt vor dem Ende
 
ab040103KLAR SCHIFF: Über die Baupflicht an der Leiberstunger Kirche besteht jetzt Einigkeit. Damit können die notwendigen Sanierungsarbeiten in Angriff genommen werden.Foto: Lienhard
 
Von unserem Redaktionsmitglied Wilfried Lienhard
Sinzheim-Leiberstung. Ein Jahrzehnte währender Streit geht auf sein Ende zu: Die Sinzheimer Gemeindeverwaltung und die Pfarrgemeinde St. Martin haben sich auf eine Ablösung der kommunalen Baupflicht für die Kirche St. Wendelinus in Leiberstung verständigt. Der Gemeinderat hat in nichtöffentlicher Sitzung einem entsprechenden Vertrag bereits zugestimmt, auch das Erzbischöfliche Ordinariat in Freiburg ist einverstanden. Was noch fehlt, sind die Unterschriften von Vertretern der kirchlichen und der weltlichen Gemeinde unter dem drei Paragrafen mit etlichen Unterpunkten zählenden Werk. Vor der Unterzeichnung soll noch eine geringfügige Bebauungsplanänderung vorgenommen werden. Der Leiberstunger Ortsvorsteher Alexander Naber bestätigte entsprechende Informationen dieser Zeitung.

Der "casus belli" war die Frage der Authentizität eines Dokuments aus dem 18. Jahrhundert. Am 6. Dezember 1727 verpflichtet sich die Gemeinde Leiberstung "unwiderruflich für alle Zeit" die Kapelle am Ort zu erhalten. Das Original liegt in einem kirchlichen Archiv, doch in welchem? Der Aufwand, es zu suchen, wäre enorm, der Ausgang zweifelhaft. So hat dieses Schriftstück einstweilen als verschollen zu gelten. Richtig gesucht hat keine der Parteien wohl danach, zumal eine Abschrift vorliegt, die der Oberratschreiber Wagner vom Amt Steinbach im Januar 1728 fertigte und mit seinem Dienstsiegel versah — mithin ist das ein amtliches Dokument.

Jahrzehnte, Jahrhunderte gab es keine Probleme. Doch das Feuer war entzündet, und es bedurfte nur eines kräftigen Windstoßes, um die Glut zur Flamme werden zu lassen. Anfang des 20. Jahrhunderts flackerte sie einmal kurz auf, als es darum ging, wer einen neuen Kelch zu zahlen habe. Doch das prasselnde Feuer loderte erst auf, als in den 60er Jahren eine große Renovierung anstand, die dann in die Erweiterung in den 70er Jahren mündete.

Diese Arbeiten bezahlte die Kirchengemeinde. Sie streckte das Geld vor für die politische Gemeinde. Die Gemeinde Sinzheim aber, in die Leiberstung eingegliedert worden war, weigerte sich, in die Kasse zu greifen und forderte einen Beweis dafür, dass sie kostenpflichtig ist. Fortan stritten die Parteien um die Anerkennung des Schreibens vom Januar 1728. Eine Einigung war nicht zu erzielen. Hilfreich war das nicht, da immer wieder Arbeiten nötig wurden, so etwa zuletzt der Einbau einer Heizung und eine Dachreparatur. Die Kosten teilten sich kirchliche und weltliche Gemeinden. Dennoch, so ging die Rede, habe sich der Zustand des Kirchengebäudes drastisch verschlechtert.

Ortsvorsteher Alexander Naher räumte dem Thema denn auch Priorität ein. "Wir müssen endlich klären, wer bei der Kirche die Baupflicht hat", sagte er im März 2000, als er 100 Tage im Amt war. "Wie die Sache ausgeht, ist egal, aber sie muss endlich vom Tisch."

Nun scheint das Ziel erreicht. Die politische Gemeinde löst die Baupflicht ab. Sie bezahlt der Kirchengemeinde 25 Prozent des Neubaukapitals der Filialkirche von 1997, und zwar in Form von Grundstücken. Die Kirchengemeinde kann diese dann in Erbpacht vergeben. Die Einnahmen daraus sind zweckgebunden für den Unterhalt der Kirche zu verwenden; außerdem ist so die Gewährung von Krediten durch das Ordinariat möglich. Die Pfarrgemeinde verzichtet im Gegenzug auf die Rückzahlung der Kosten von 1976/77, der Erneuerung der Heizung und der Dachreparatur. Das sind zusammen rund 345.000 Euro.

Für die notwendige Außenrenovierung kommt noch die Gemeinde auf, jedoch schießt die Kirchengemeinde die Kosten mit einem zinslosen Darlehen auf drei Jahre vor. Die Innenrenovierung teilen sich die Parteien. Sie ist aber bis spätestens Ende 2005 abzuschließen.

Ein Termin für die Vertragsunterzeichnung steht noch nicht fest, berichtete Ortsvorsteher Naber auf Anfrage dieser Zeitung. Zuerst solle noch der Bebauungsplanung zur Überplanung von alter Schule und Rathaus geändert werden. Dabei handelt es sich zum einen um eine optische Korrektur, da direkt neben der Sakristei eine Garage zu stehen kommen könnte, zum anderen wird das Kirchengrundstück begradigt. Ist dieses geschehen, können die Parteien zur Unterschrift-Tat schreiten.

Dann herrschen endlich klare Verhältnisse. "Wenn der Vertrag unterschrieben ist", sagt Ortsvorsteher Alexander Naber, "gehört die Kirche der Kirche."
 
 

"Eventuell bestehende Verpflichtung abgelöst"


Sinzheim-Leiberstung (wl). Auch wenn Einigkeit über die Ablösung der Kirchenbaupflicht in Leiberstung herrscht - ein Vorbehalt bleibt. Die Sinzheimer Gemeindeverwaltung ist, so legt es der Vertragsentwurf nahe, keineswegs davon überzeugt, tatsächlich durch das Dokument aus dem frühen 18. Jahrhundert zur Unterhaltung der Kirche verpflichtet gewesen zu sein. Im Vertrag heißt es: "...wird die eventuell bestehende Verpflichtung der Gemeinde Sinzheim . . . abgelöst."