abblogok vom 19.8.2005
 
Serie "Aussiedlerhöfe in Sinzheim" (Teil II): Siegfried Deibel freut sich über "ideale Bedingungen" / Urlaub ein Fremdwort
Maisanbau mit leistungsstarken Maschinen
 

bt180805aLärmgeschützter Arbeitsplatz in der Plexiglaskabine: Siegfried Deibel bei der Ernte mit dem großen Mähdrescher. Fotos: A. Huck

Sinzheim (ahu) - Als Helmut Deibel 1967 mit seiner Frau und den vier Kindern in den neuen Aussiedlerhof umzog, war die räumliche Enge in der Leiboldstraße 8 in Leiberstung endlich vorbei. Als Kind hatte er in der elterlichen Landwirtschaft kräftig zupacken müssen. Mit 55 Jahren ging sein Traum in Erfüllung.
 
In seinem Aussiedlerhof kamen zu dem Dutzend Großvieh schnell weitere Kühe, und bald war die Kapazität von 40 Stück erreicht. Morgens arbeitete Helmut Deibel als Heizer bei den Franzosen in Baden-Oos, mittags wurde mit dem Schlepper das Feld bewirtschaftet. 1978 vergrößerte Deibel die Stallungen, stellte den Betrieb von Milcherzeugung auf Bullen- und Schweinemast um. "Damals standen 80 Bullen im Stall", blickt er zurück.
 
Siegfried, das jüngste der vier Deibel-Kinder, lernte den Beruf des Landmaschinenmechanikers. Nach einigen Gesellenjahren trat er 1993 in den elterlichen Betrieb ein. "Ich hatte keine Ahnung von Ackerbau und Viehzucht", erinnert er sich. Doch Siegfried Deibel nahm jede Gelegenheit war, um sich fortzubilden. Vieles lernte er natürlich von seinem Vater, der bis heute mit anpackt.
 

bt180805bDrei Generationen auf dem Hof bei Leiberstung vereint: Helmut, Siegfried und die einjährige Joana Deibel.

1994 gaben die Deibels die Viehhaltung auf und konzentrierten sich voll auf den Ackerbau. "Die Fleischpreise sanken immer mehr, und die Vorschriften bei der Viehhaltung wurden immer strenger. Am Schluss hätte jede Kuh vier Ohren gebraucht. damit alle Ohrmarken Platz finden", witzelt Siegfried Deibel. Auch die Kosten für die tierärztlichen Untersuchungen, Impfungen und vieles weitere seien ständig gestiegen.
 
Der Fuhrpark wurde laufend den Erfordernissen angepasst. Waren Raps, Weizen, Hafer, Gerste und Sonnenblumen die Früchte, die bis vor zehn Jahren hauptsächlich angebaut wurden, sind es jetzt zu 80 Prozent Mais und zu 20 Prozent Weizen. "Der Mais ist eine Art Tausendsassa. Alles Mögliche wird aus ihm hergestellt. Und er ist ein hervorragender Sauerstoffproduzent". betont Deibel.
 
Allerdings ist der Anbau von Monokulturen auch eine logistische Herausforderung. Sowohl die Aussaat wie die Ernte und das Pflügen konzentrieren sich auf ein paar Wochen im Jahr. Dies erfordert vor allem einen leistungsstarken Maschinenpark. Unter anderem stehen ein Fünf-Schar-Pflug, fünf Schlepper und ein riesiger Mähdrescher mit einem sechs Meter breiten Mähwerk in den Gerätehallen.
 
Die früheren Stallungen wurden zu Lagerhallen für Mais umgebaut, in denen 2.000 Tonnen Mais gelagert werden können. Nach der Ernte durchläuft der Mais die Trockenanlage. Dabei wird er auf etwa 50 Grad Celsius erhitzt, was ihn vor Schimmelpilz und Fäulnis schützt. Rund 60 000 Liter Heizöl benötigt der Trockenofen jedes Spätjahr. Über den Winter, wenn die Preise für Mais etwas anziehen, wird der Vorrat nach Straßburg gefahren und auf Schiffe verladen.
 
"Für den Maisanbau bietet der Rheingraben ideale Bedingungen. Die Pflanze braucht Wasser und Sommerhitze. Beides ist normalerweise vorhanden", erklärt der zum "Maisfachmann" gewordene Deibel. Vor zwei Jahren hat er den Hof übernommen, nachdem er ihn die vorherigen acht Jahre gepachtet hatte.
 
Neben dem Ackerbau hat er sich noch weitere kleine Erwerbsquellen erschlossen. Da zugehört die "Lohndrescherei". Drei Meter über dem Erdboden ist in einer großflächigen Plexiglaskabine sein Arbeitsplatz, wenn er mit dem Mähdrescher über die Felder fährt. Dabei lobt er die ausgefeilte Technik, welche die Arbeit erleichtert, jedoch auch ihren Preis hat: 200.000 Euro hat er dafür hinblättern müssen.
 
Siegfried Deibel ist in der glücklichen Lage, viele Reparaturen selbst durchführen zu können, denn das hat er ja gelernt. Doch eines gilt auch für den Besitzer des wohl größten Sinzheimer Hofes: Urlaub ist ein Fremdwort. "Die letzten fünf Jahre hat es gerade mal drei Tage nach Mallorca gereicht", bemerkt er mit einem Seitenblick auf seine Frau, die ihm einen verständnisvollen Blick zurückwirft.