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vom 10.10.2023
 
Rhythmisch klacken die Hufen
Farbenprächtige Pferdeparade zieht durch Leiberstung: Viele Reiter und Gespanne beim Wendelinusritt
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Verschiedene Pferderassen sind bei der Parade zu sehen, angefangen von süddeutschen Kaltblutpferden, über Sachsen, bis hin zu Warmblütern, wie argentinische und spanische Pferde. Foto: Christina Nickweiler
 
Christina Nickweiler
Sinzheim-Leiberstung. Aufgeregt wiehert Andris auf dem Sammelplatz am südlichen Ortsende von Leiberstung. Andris ist ein Friese von stattlicher Größe, und seine Besitzerin, Marion Kosin, reitet das Großpferd erstmals beim traditionellen Wendelinusritt. Ihr Mann reitet auf einem anderen Friesen mit dem Namen Gismo, und ist ebenfalls das erste Mal bei der Pferdeparade. Beste Wetterbedingungen treffen die vielen Reiter beim Umzug durch die Leiboldstraße, die von den Anwohnern mit Fahnen und Blumenschmuck zur Prachtstraße geziert wurde, an.
 
Während die Leiberstunger noch Stühle und Sitzbänke aufstellen und es aus dem einen oder anderen Hof nach Flammkuchen duftet, ist auf dem Asphalt immer wieder das rhythmische Klacken der Hufen der Pferde zu hören. Vor den Reitern stehen die Pferdekutschen mit ihren Fahrern parat. Die Pferde und die Fahrer sind rausgeputzt, sie warten auf die Prominenz, die sich für gewöhnlich beim Prachtumzug durch den Ort kutschieren lassen. Dann geht es los, die Musiker des Musikvereins Sinzheim beginnen einen Marsch zu spielen, vorneweg führt der Festreiter, Alexander Panter, den Tross an.
 
In der ersten Kutsche sitzt neben dem Ehrenbürger, Altbürgermeister Hans Metzner und dem stellvertretenden Bürgermeister Gabriel Schlindwein, die Geistlichkeit, die sich nach den ersten Metern gleich einen von den Anwohnern servierten Satteltrunk gönnt. Der Figur des heiligen Wendelinus ist eine eigene Kutsche gewidmet, die von österreichischen Gebirgspferden, Norikern, gezogen wird. Je weiter sich der Umzug in Richtung Dorfmitte bewegt, desto mehr Besucher säumen rechts und links der Prachtstraße das Geschehen. Das Bad im Publikum genießt vor allem die Prominenz aus der Kommunal-, Landes- und Bundespolitik. Ortsvorsteher Josef Rees und seine Frau befinden sich beim Winken im Dauermodus. Ehrfürchtige Blicke ernten die Vierergespanne mit den Großpferden, die vor den Besuchern defilieren. Am Ende der Gruppe von Kutschen ist ein edles Gefährt aus filigran erscheinendem Holz zu sehen, sowie eine Sportausführung mit dicken Gummireifen für hurtige Geländefahrten.
 
Dann folgt die Gruppe von Reitern, die vom Publikum erwartungsvoll, bisweilen mit Applaus begrüßt wird. „Schön, dass ihr alle wieder da seid“, ruft eine Anwohnerin einer Reitergruppe aus Griesheim bei Offenburg zu. Die Reitergruppe ist an den einheitlich hellblauen Polohemden mit Vereinsemblem zu erkennen. Stefanie Hemmler und ihre Vereinskollegen wollten schon immer mal am Leiberstunger Wendelinusritt teilnehmen, verrät sie, während die Gruppe gerade einen Satteltrunk gereicht wird. Ebenfalls ist Alexandra Knoop und ihr Mann Andreas aus Freistett zum ersten Mal in Leiberstung. Der Umzug in Leiberstung sei früher dran als die anderen in der Ortenau, erzählt sie. „Das kann man sich gut vormerken“, fügt sie hinzu.
 
Die Zuschauer genießen die Pferdeparade, bei der viele verschiedene Pferderassen zu sehen sind, angefangen von süddeutschen Kaltblutpferden, über Sachsen, bis hin zu Warmblütern, wie argentinische und spanische Pferde. Was augenfällig ist, das sind die vielen Jugendlichen, die bei dem Wendelinusritt mitreiten. „Oh, wie süß“, ist bei einigen Gästen zu hören, als eine Gruppe mit Shetland-Ponys vorbeizieht. Ganz diskret hat sich unter die Pferde und Ponys, die Eseldame Susi vom Wendelinushof gemischt. Auch sie wird mit extra Applaus begrüßt.
 
Bei der Wendelinushalle steht sodann die Segnung der Tiere und Reiter an. Ein wunderbar buntes Bild offenbart sich den Zuschauern, als sich die vielen Kutschen und Reiter entlang der Baumallee aufreihen. Die Parforcebläser aus Iffezheim runden die festliche Atmosphäre musikalisch ab. Mit dabei ist beispielsweise die Welsh Cop-Stute „Lady“ von Maria Kühner aus Gernsbach. Die Besitzerin eines Pferdehofs im Murgtal hat ihre Pferdewurzeln in Leiberstung, kennt den Wendelinusritt schon seit Jahrzehnten und war im vergangenen Jahr etwas traurig darüber, dass viele Reiter nicht dabei waren. „Das war im ersten Jahr nach Corona, die Leute waren einfach noch zurückhaltend und vorsichtig. Aber nach diesem farbenprächtigen Umzug heute mit den vielen Reitern, ist das alles wieder vergessen“, findet sie. Bei den Gesprächen unter den Pferdefreunden wird bekannt, dass ein Pferd während des Umzugs einen nagelneuen Hufschuh verloren hat. Rund 100 Euro würde solch ein Exemplar, das anstelle von Hufeisen verwendet wird, kosten.