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vom 10.10.2014

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bt101014bPfarrer Herb (oberes Bild) segnet beim zweiten Wendelinusritt 1966 die Pferde. Auch 1988 (unten) säumen viele Schaulustige die Straßen.  Fotos: Breyer/Archiv (2)/pr
 
Wendelinusfest: Jubiläumsritt in Leiberstung
Sinzheimer Teilort erwartet am Sonntag Tausende Besucher / Morgen Festbankett / Figur des Schutzpatrons auf eigenem Wagen
 
 
Von Alexander Naber
 
Sinzheim - Kaum ein Ereignis bewegt die Einwohner des Sinzheimer Teilorts Leiberstung so sehr wie das alljährlich stattfindende Patroziniumsfest zu Ehren des Heiligen Wendelin. Es wird stets am zweiten Sonntag im Oktober gefeiert. In diesem Jahr freuen sich Leiberstunger ganz besonders, da mit dem 50.Wendelinusritt am 12.Oktober ein Jubiläum bevorsteht.
 
So ist es nur allzu verständlich, dass vor dem großen Festtag im ganzen Dorf geschäftiges Treiben herrscht. In vielen Höfen und Vorgärten werden Bäume und Sträucher ausgeputzt, die Höfe gefegt, herbstliche Blumenrabatten und Gestecke angelegt und die Festwagen gerichtet. Schließlich werden mehrere Tausend Besucher aus allen Ecken des Landkreises und der Region links und rechts des Rheins erwartet. Zu diesem Ereignis werden auch viele ehemalige Leiberstunger kommen.
 
Den Mittelpunkt des farbenfrohen Reiterumzugs bilden der Festwagen mit der Wendelinusfigur und das Modell der Leiberstunger Wasserburg, die an die erste urkundliche Erwähnung des Dorfes im Jahre 1320 erinnern soll. Aus Anlass des Jubiläums findet am Samstag, 11.Oktober, um 19.30 Uhr in der Wendelinushalle ein Festbankett statt, zu dem die Ortsverwaltung gemeinsam mit den Ausrichtern des Festwochenendes, der "Fidelen-Jehle-Runde" (FJR), einlädt. Umrahmt von vokalmusikalischen Leckerbissen sollen an diesem Abend die Historie des Wendelinusfestes in unterhaltsamer Weise beleuchtet und die vergangenen 50 Jahre gefeiert werden. Zahlreiche Fotos und Zeitungsartikel aus vergangenen Jahrzehnten haben die "Hobby-Heimatforscher" Karlheinz Röll und Alexander Naber zusammengesucht. Diese Zeugnisse aus fünf Jahrzehnten sollen in Form einer Bilderausstellung gezeigt werden.
 
Das Patroziniumsfest mit dem 50. Wendelinusritt beginnt am Sonntag um 10 Uhr mit einem feierlichen Gottesdienst in der Wendelinuskirche, der durch Dekan Martin Schlick zelebriert und vom Kirchenchor Leiberstung mitgestaltet wird. Anschließend geht es zum traditionellen Frühschoppen bei der Wendelinushalle. Ab 11.30Uhr gibt es dort ein Mittagessen. Um 14Uhr startet der Ritt. Begleitet von den Klängen der Musikvereine Sinzheim, Winden, Stollhofen und Weitenung sowie den Gernsbacher Alphornfreunden und den Parforcehornbläsern aus Iffezheim, bewegt sich der Umzug vom südlichen Ortseingang durch die Leiberstunger Hauptstraße, um dann in einer Schleife über die Felder zur "Wendelinushalle" zu führen.
 
Es folgt die feierliche Segnung der Pferde, Kutschen, Reiter und Fahrer durch die geistlichen Vertreter der Pfarrgemeinde. Reiter und Fahrer haben später rund um die Halle die Möglichkeit zu einem kurzen Halt mit ihrem Pferd, um sich zu stärken. Unter der Schirmherrschaft von Sinzheims Ehrenbürger und Bürgermeister a.D., Hans Metzner, hoffen die Organisatoren auch in diesem Jahr auf gutes Wetter und eine rege Beteiligung der Reiterfreunde sowie viele Besucher.
 
Traditionell zum Fest gehört auch am Festmontag der Rentnertreff, bei dem die Ortsverwaltung die Senioren des Dorfes zu einem gemütlichen Beisammensein einlädt um 15 Uhr im Restaurant La Calabria.
 
Einst Tiere und Werkzeuge gesegnet
 
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Einem Volksfest gleicht die Veranstaltung 1966, es stehen Buden am Straßenrand und viele Luftballons schweben in der Luft.
 
Anfang des 18. Jahrhunderts liegen die Wurzeln des Festes. Dem heiligen Sankt Wendelin geweiht, steht die Leiberstunger Kirche seit mehr als 200 Jahren unter dem Schutz dieses Patrons. Und das Patroziniumsfest wird sehr gepflegt. Die Idee, an diesem Tag die Tiere und Werkzeuge des Alltages zu segnen, stammt aus den frühen 1950er Jahren. Unter dem damaligen Pfarrer Jost, wurde erstmals eine Prozession mit Pferden und anschließender Segnung durchgeführt. Wann genau dieses Ereignis war, konnte bislang nicht exakt geklärt werden, da die Zeitzeugen sich zwischen den Jahreszahlen 1955 und 1957 nicht entscheiden können. Damals nahmen etwa 30 Pferde an dieser Segnung teil. Es blieb bei dieser einen Pferdesegnung, eine jährliche Wiederholung fand nicht statt. Es sollte rund ein Jahrzehnt vergehen, ehe sich eine Gruppe aus dem neugegründeten Reiterring "St.Georg", der Gemeindeverwaltung Leiberstung und Adolf Pfankuche aus Baden-Baden anschickte, diese Pferdesegnung wieder ins Leben zu rufen, die dann 1966 stattfand und von den damaligen Organisatoren als "Wendelinusritt" beworben wurde. Dieser Ritt und die Pferdesegnung wurden damals unter Pfarrer Herp durchgeführt.
 
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Die Statue des Heiligen Wendelin wird in einem eigens geschmückten Wagen 1988 durchs Dorf gefahren.
 
Seit 1984 wird innerhalb des Festumzuges auch die Figur des Schutzpatrons auf einem Ehrengespann mitgeführt. Der ehemalige Ortsvorsteher Paul Frietsch wusste zu berichten, dass es oftmals schlechtes Wetter am Festsonntag gegeben habe. Seit man aber die Figur im Umzug mitführte, habe es fast nur noch schönes Wetter gegeben. Seit 1995 wird das Modell der Wasserburg mitgeführt. Hier hatten sich Walter und Gerhard Jörger sowie Alexander Naber im Vorfeld daran gemacht, einen Festwagen zu gestalten. Seit 1995 fahren im Umzug auch die Trachtenpaare "Alt Leiberstung" mit, die in den Originalkleidern aus der "guten alten Zeit" diese für ein paar Stunden in die Gegenwart holen.
 
Aus den ehemals 30 Pferden sind in den Folgejahren viel mehr geworden. In Spitzenjahren konnte man über 400 Pferde, beritten, geführt oder im Gespann bewundern. Von groß bis klein, von zottelig-schwarz bis glänzend braun, von gemütlich und wuchtig bis hin zu heißblütig und elegant - alle Arten von Pferden geben sich bei diesem Treffen ein Stelldichein.